Es war einmal…

ein kleiner Zirkus, der schon seit vielen Jahren durch die Lande zog und alle zwei Wochen seine Zelte am Rande einer Stadt aufschlug. Diese kurze Geschichte handelt von seiner Haupt-Attraktion, einem Baby-Elefanten, den der Zirkus von einem anderen großen Zirkus geschenkt bekommen hatte. Dieser hatte keinen Platz mehr für den Elefanten und so kam er zum kleinen Zirkus. Da die Schauwagen bereits von einer älteren etwas grummeligen Tigerdame sowie einer Horde frecher Affen belegt waren, legte der Wärter dem kleinen Elefant ein langes Seil um das Hinterbein und band ihn an einem Pflock fest. Der kleine Elefant erkundete mit Neugier sein neues Reich. Schnell fand er heraus, dass seine Freiheit begrenzt war. Jedes Mal, wenn er etwas zu weit ging, drückte ihn das Seil am Bein und er kehrte wieder um. Das merkte er sich gut und probierte es deshalb nicht mehr allzu oft aus. Und so vergingen die Jahre, er wuchs und wuchs, wurde groß und stark. Und obwohl er ohne Weiteres mit einem einzigen Ruck den Pflock hätte aus der Erde reißen können, tat er es nicht. Warum? Weil er gelernt hatte: ab diesem Punkt tut es weh und deshalb versuche ich es erst gar nicht. (1)

Glaubenssätze bestimmen unser Handeln, Denken und Fühlen.

Jetzt wunderst du dich bestimmt, was es mit dieser Elefanten-Geschichte auf sich hat und warum sie auf einem Blog über Mentalcoaching steht. Nun: zum einen lieben wir Geschichten. Oder anders gesagt: unser Gehirn liebt Geschichten. Und das schon ziemlich, ziemlich lange: vor 70.000 Jahren lebte der homo sapiens in Gruppen von bis zu 150 Mitgliedern. Eine solche Gemeinschaft sicherte sein Überleben und seine Fortpflanzung. Sein Gehirn entwickelte sich weiter und neue Verschaltungen ermöglichten neue Kommunikationsformen. Diese gingen weit über den reinen Informationsaustausch hinaus (so wie andere Tierarten es heute noch tun, zB sich gegenseitig durch bestimmte Laute vor einer herannahenden Gefahr warnen). Statt dessen rückte der Austausch über die anderen Gruppenmitglieder in den Mittelpunkt. Wie verhielt sich jemand, was hatte wer zu wem gesagt, wer kann wen leiden und wer wen nicht? (2) Die Hirnforschung bestätigt dies: unser Gehirn richtet seinen Fokus immer auf Gesichter, um «Hinweise auf soziale Beziehungen zu suchen, indem es Gesichter und das Wechselspiel von Personen analysiert». (3) Jetzt wissen wir auch, warum Facebook Facebook heißt. ☺️

Aber zurück zu unserem kleinen Elefanten: ich erzähle diese kleine Geschichte tatsächlich gerne immer wieder mal im Coaching, wenn ich verdeutlichen möchte, wie stark wir geprägt sind von unseren Vorstellungen, Glaubenssätzen und Erfahrungen. Sie sind meist in der Kindheit entstanden und durch ständige Wiederholung zu festen Regeln geworden. Deshalb halten wir sie auch für wahr und allgemeingültig. Kommt dir das bekannt vor?

  • Ich darf nicht wütend/laut/fordernd sein – das gehört sich als Frau nicht.
  • Männer weinen nicht.
  • Besser ist es, ich traue niemand über den Weg.
  • Nur, wenn ich etwas leiste, werde ich geliebt.
  • Ich muss das alleine schaffen.
  • Ich darf mir keine Fehler erlauben.

Dir fallen doch ganz bestimmt auch ein paar dieser Sätze ein und sie sind auch nicht grundsätzlich zu verdammen. Schließlich geben sie unserem Lebens-Alltag Struktur und Ordnung – sie bilden die Basis unserer subjektiven Wahrnehmung. Sie tauchen in den entsprechenden Situation sehr schnell auf und ein Zugriff auf sie ist nicht leicht. Und das ist in vielen Fällen auch gut so! Es sind dann häufig einschneidende Erlebnisse wie eine Trennung vom Partner oder der Verlust des Arbeitsplatzes, der sie in der Selbstreflexion zutage befördert. Und wir spüren plötzlich, dass sie nicht mehr wohtuend sind, sondern fühlen uns blockiert von ihnen.

Die Arbeit an den eigenen Glaubenssätzen braucht eine gute Selbstwahrnehmung.

Das Ändern von Glaubenssätzen

Möchte mein Coachee nun also an diesen Glaubenssätzen etwas ändern, richten wir unsere Aufmerksamkeit zunächst auf die Wahrnehmung. Hier sollte man achtsam vorgehen, denn unsere Wahrnehmung ist von unseren Glaubenssätzen geprägt. Wir sehen nur das, was wir auch als wahr anerkennen. Einen objektiveren Zugang zu unserer Wahrnehmung erhalten wir, wenn wir nicht nur unsere Gedanken («Das schaffe ich nie! Ich bin einfach nicht gut genug!») betrachten, sondern auch unsere körperlichen Empfindungen und Gefühle, die wir in diesem Moment wahrnehmen. Das Innehalten und Benennen schafft einen kleinen Moment der Pause. Die gewohnheitsmäßig und automatisiert ablaufenden Gedankenabläufe geraten ganz kurz ins Stocken. Hier liegt die große Chance, regulierend oder verändernd einzugreifen. Ja, das braucht Begleitung, ja, das braucht Zeit und ja, das braucht Geduld.

Sich mit den eigenen Denk- und Verhaltensweisen zu beschäftigen, kann zu einer spannenden und erkenntnisreichen Reise werden – mit ungeahnten Möglichkeiten der Veränderung hin zu mehr Freundlichkeit sich selbst gegenüber und in seinen Beziehungen.

Du interessierst dich für dieses Thema? Dann vereinbare doch ein unverbindliches 30-minütiges Einführungsgespräch – ich freue mich darauf, von dir zu lesen!

Quellen:

(1) Coaching Tools, Christopher Rauen (Hrsgb.) 2004, 11. Auflage 2020, managerSeminare Verlags GmbH
(2) Eine kurze Geschichte der Menschheit, Y. Harari, 2013, 35. Auflage, Pantheon Verlag
(3) Das menschliche Gehirn, 2020, Dorling Kindersley Verlag GmbH, München




Selbstbild und Fremdbild

Es ist ganz still im Raum. Dreißig, vierzig Augenpaare sind auf mich gerichtet. Ich hole tief Luft und fange an zu sprechen. Einen Vortrag zu halten ist immer eine aufregende Sache. Im Anschluss bin ich oft sehr selbstkritisch, habe das Gefühl, meine Zusammenhänge nicht klar genug präsentiert zu haben. Und trotzdem bekomme ich das Feedback: «du hast ganz klar und verständlich gesprochen!» Selbstbild und Fremdbild können manchmal ziemlich weit auseinander klaffen. Das kann weitreichende Folgen für den beruflichen und privaten Alltag haben: wir fühlen uns unsicher, gestresst, zweifeln oder verlieren gar die Motivation. In meinem aktuellen Blog möchte ich euch gerne darstellen, wie ein Selbstbild und Fremdbild entsteht und euch ein paar Übungen an die Hand geben, mit denen ihr eure Selbstwahrnehmung trainieren könnt.

Wie sehe ich mich selbst und wie sehen andere mich?

Wie entsteht unser Selbstbild?

Menschen sind soziale Wesen. Von unserem ersten Atemzug an treten wir in Interaktion mit den Menschen, die uns umgeben. Wir erhalten ständig ein Feedback zu dem, wie wir uns verhalten. Lob und Wohlwollen stärkt das Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Negative Rückmeldungen wie Zurückweisung oder Kritik schwächen dieses Vertrauen. Das Bild, das wir von uns selbst haben, entsteht also aus der Wirkung, die wir auf andere haben. Es wandelt sich im Lauf des Lebens und orientiert sich neben der Prägung und den gemachten Erfahrungen auch an unserem eigenen Wunsch-und Idealbild.

Unser Selbstbild bestimmt unser Denken, Handeln und Fühlen. Es beeinflusst unsere Leistungsfähigkeit, unsere Kommunikation und damit auch unsere mentale Gesundheit.

Was ist ein Fremdbild?

Das Fremdbild entsteht dementsprechend natürlich dadurch, wie andere uns sehen. Ein solches Fremdbild ist selten objektiv. Denn auch das Gegenüber wird von seinen eigenen Gefühlen, Wahrnehmungen und Bewertungen geleitet. Dies wiederum beeinflusst die Art und Weise, wie sie oder er mit euch kommuniziert. Ihr ahnt es schon? Hier liegt die Ursache sehr vieler Missverständnisse und Konflikte! Lies dazu gerne auch nochmal den Blogartikel: «Von der Kunst, den anderen so zu lassen, wie er ist.»

Im Gespräch mit meinen Zuhörern

Der blinde Fleck

Liegen Selbst – und Fremdbild zu weit auseinander, spricht man in der Psychologie von einer Selbstbild-Fremdbild-Inkongruenz. In der Tabelle unten werden die Eigenschaften, die andere an uns wahrnehmen, wir selbst aber nicht, als «blinder Fleck» bezeichnet. Je größer dieser ist, desto unsicherer verhalten wir uns. Weitere Merkmale sind ein Gefühl von Stress und Belastung, von fehlender Motivation oder Sinnlosigkeit des eigenen Handelns, Hilflosigkeit, Zweifel und Unzufriedenheit. Auch die Angst, es nicht allen recht machen zu können, gehört dazu.

Das Johari Modell

Die beiden amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham haben in den 1950er Jahren bereits ein Modell entwickelt, welches häufig in Teams Anwendung findet.

ANDEREN BEKANNT ANDEREN UNBEKANNT
MIR BEKANNT öffentlich
Eigenschaften, die sowohl mir
als auch anderen bekannt sind
mein Geheimnis
Eigenschaften, die ich an mir kenne, aber niemand zeigen möchte
MIR UNBEKANNT blinder Fleck
Eigenschaften, die andere an mit sehen,
ich selbst aber nicht
unentdeckte Stärken
Eigenschaften, die unentdeckt von mir und anderen in mir schlummern

Ein ehrliches Feedback von jemand zu bekommen, ist nicht leicht, da viele aus Höflichkeit zurückhaltend sind. Vielleicht gibt es aber eine vertraute Person in eurer Umgebung, mit der ihr diese Tabelle zusammen ausfüllen könnt. Ziel ist eine reflektierende Betrachtung und eine Annäherung von Selbst-und Fremdbild. Auch ein Coach kann dabei unterstützen!

Die Selbstwahrnehmung verbessern

Am Ende noch ein paar Ideen, wie ihr eure Selbstwahrnehmung verbessern könntet. Diese Fähigkeit ist eine der wichtigsten Säulen im mentalen Training: denn nur wer in der Lage ist, sich selbst bewusst und aufmerksam zu beobachten, kann auch – falls nötig – gegensteuern oder aktiv etwas verändern.

  • Nehmt euch mehr Zeit für euch alleine! Ob ein ruhiger Spaziergang oder eine Stunde auf dem Sofa, alleine sein ist wichtig, um eure Gedanken ungestört fliessen lassen zu können.
  • Wer dauernd unter Strom steht, dem fehlt es schwer, dem eigenen Selbstbild etwas auf den Grund zu gehen. Lernt eine Entspannungstechnik, die zu euch passt.
  • Nicht nur eure Gedanken spiegeln euch euer Selbstbild, auch euer Körper tut dies. Beobachtet eure Haltung, eure Mimik, eure Gestik, eure Stimme.
  • Überprüft die Art und Weise, wie ihr mit euch selbst sprecht. Positive Selbstgespräche beeinflussen euer Selbstbild enorm.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Entdecken eures Selbstbildes – seid dabei freundlich und konstruktiv mit euch selbst! Mein Mini Workout für mehr Gelassenheit und innere Stärke enthält zusätzlich einige interessante Anleitungen für die nähere Selbst-Betrachtung!

Du wünscht dir mehr Unterstützung? Dann schreib mich gerne an und vereinbare ein unverbindliches Erstgespräch.
evahelms@sportmentalcoaching-rueckenwind.de
Herzliche Grüße, Eva

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