Heute möchte ich Euch gerne eine ganz besondere Athletin vorstellen, ihr Name ist Judith Mess, sie ist 28 Jahre alt und lebt in Haar bei München. Nach fast 20 Jahren leistungsstarkem Triathlon stand dieses Jahr eine völlig neue Herausforderung auf ihrem Plan: der Zugspitzmarathon im Juli. Mit 43,3km und 3965 HM ein mehr als imposantes Ziel! Leider kam es nicht dazu….denn sie musste krankheitsbedingt am Tag zuvor absagen. Jeder, der so etwas auch schonmal erleben musste, weiß, wie mies sich das anfühlt und wie sehr man mit so einer vermeintlichen «Niederlage» hadern und ringen kann. Bemerkenswert an Judith ist ihre einzigartige Einstellung zu ihrem Sport – nicht als Lippenbekenntnis, sondern als echte mentale Stärke, die ihr auch über solch gebrauchte Tage hinweghilft. Wenn es mal so ganz, ganz anders läuft als geplant….
Wie macht sie das? Sie fokussiert sich einerseits sehr klar und genau auf ihre Ziele, bereitet sich akribisch auf die jeweilige Herausforderung vor (um Stress und Unruhe zu vermeiden!) und verliert andererseits dabei nicht ihren sportlichen Weg dorthin aus den Augen…und das sind die vielen wunderbaren, stolz und glücklich machenden Trainingseinheiten!
Das zu lesen, hat mich nicht nur SEHR begeistert, sondern auch bestätigt, dass ich mit meinem Gedankenansatz im Sport Mental Coaching auf dem richtigen Weg bin. Deshalb habe ich sie um ein kleines Interview gebeten….danke, liebe Judith, für Deine Bereitschaft, von Dir zu erzählen!
Aber lest selbst…..hallo Judith!
1.) Ich würde dich zunächst gerne einfach kurz vorstellen: wo lebst du, wie alt bist du und was machst du beruflich?
Ich lebe in Haar bei München, bin 28 Jahre alt und bin Wirtschaftsjuristin und arbeite in einem Unternehmen in der Rechtsabteilung.
2.) Wann und wie bist du zum Triathlon gekommen? Welches ist dein größter Erfolg?
Meinen ersten Triathlon habe ich mit 9 Jahren (1998) gemacht, wie es genau dazu kam, weiß ich daher nicht mehr so genau. Ich bin mit dem Sport quasi groß geworden. Schwimmen, Radfahren und vor allem das Laufen gehören bei mir einfach dazu. Mein größter Erfolg war sicherlich meine zweite Langdistanz in Roth 2013, die ich in einer Zeit von 9:50h finishte. Dass ich das geschafft habe, kann ich manchmal jetzt kaum glauben.
3.) Hast du zwischendurch auch mal in andere Sportarten reingeschnuppert?
Eigentlich nicht, ich war dem Triathlon immer treu. Klar lag mal mehr und mal weniger der Fokus auf dem Sport. Aber irgendwie fehlt mir einfach was, wenn ich nicht schwimme, radel und laufe. Da ich im Jugendbereich einfach richtig schlecht geschwommen und dafür umso besser gelaufen bin, habe ich mir oft überlegt nur noch zu Laufen, doch dabei hat mir einfach immer etwas gefehlt.
4.) Welches war dein emotionalstes und schönstes Rennen?
Mein emotionalstes Rennen war sicherlich meine erste Langdistanz 2012. Da ich den Sport ja schon als Kind gemacht habe, habe ich immer zu den Erwachsenen aufgeschaut, die diese unfassbar lange Strecke gemeistert haben. Für mich war das utopisch, aber auch ein großer Traum. Diesen Traum habe ich mir dann 2012 realisiert. Und genau das habe ich mir in den schweren Phasen des Rennens immer wieder vor Augen geführt, die letzten 20km war ich stehend k.o., doch ich habe mich weiter gepusht und immer an die kleine Judith von früher gedacht, die auch mal so ein Rennen bestreiten wollte. Im Ziel war ich dann einfach nur platt, realisiert, was ich da geschafft habe, habe ich erst einige Tage später. Erst da haben sich dann auch wirklich die Emotionen bereit gemacht, am Renntag war ich einfach nur über meine gute Zeit (10:09h) und meinen Europameistertitel froh ☺
5.) Plaudern aus dem Nähkästchen: ist dir mal im Wettkampf so richtig was daneben gegangen? 😉
Mmh, so richtige Pannen habe ich glücklicherweise noch nicht erlebt, klar hat man mal Probleme aus dem Neo zu kommen oder ähnliches. Ich versuche mich aber immer sehr gewissenhaft vorzubereiten, sodass Pannen vermieden werden, denn diese bringen nur unnötige Unruhe bei mir.
6.) Hast du ein bestimmtes Vorstart-Ritual am Wettkampftag? Bist du sehr nervös?
Ein gewisses Ritual habe ich nicht, ich versuche aber mich die Tage vorher auf das Rennen einzustellen und die Vorbereitungen ohne Stress zu erledigen. Am Wettkampfmorgen bin ich schon angespannt, daher bereite ich alles genau vor, so dass nicht mehr viel schief gehen kann und ich routiniert die Vorbereitungen abschließen kann, um dann ungestresst an der Startlinie zu stehen.
7.) Dieses Jahr war anders für dich: Wie kam es, dass du dich für die Teilnahme an einem Trailmarathon entschieden hast?
Durch den Einstieg ins Berufsleben habe ich gemerkt wie schwer es ist, Sport und Job unter einen Hut zu bekommen. Ich möchte nicht bei Rennen starten und daran denken, wie schnell ich dort vor ein paar Jahren noch war. Außerdem war ich auch müde von dem ständigen schneller, höher, weiter. Ich wollte Sport machen, ich brauchte auch ein Ziel/einen Wettkampf, etwas was mich an meine Grenzen bringt, aber dennoch etwas neues ist, etwas was ich so in der Art noch nie gemacht habe. Und so fiel meine Wahl auf das Trailrunning.
9.) Beschreibe doch mal deine Vorbereitung – körperlich und mental!
Zunächst habe ich einfach versucht, so oft wie möglich laufen zu gehen. Doch laufen ist eben etwas anderes als Trailrunning und man kann im Training noch so viele Bergsprints oder ähnliches machen – im Gebirge ist eben anders. Daher habe ich auch einige Trainingsläufe am Wochenende in den Bergen absolviert, das Ziel war hier auch möglichst viele Höhenmeter zu sammeln und aber auch mich auf die technischen Passagen vorzubereiten. Dieser Teil fiel mir am schwierigsten. Ich habe schnell gemerkt, wie ich immer mehr Kraft beim Laufen hatte, doch sobald es etwas technischer wurde, hatte ich echt zu kämpfen. Das war wohl die größte Herausforderung.
10.) Und was ist dann passiert?
Nun in der Nacht vor dem Wettkampf ging es mir gar nicht gut, mir war übel, schlecht und ich musste mich sogar einige Male übergeben, sodass ich leider den Start am Rennmorgen absagen musste.
11.) Das muss zunächst eine herbe Enttäuschung gewesen sein. Wie bist du mit der vermeintlichen „Niederlage“ umgegangen?
Zunächst war ich natürlich sehr enttäuscht. Ich habe lange auf dieses Rennen hingefiebert und viel Zeit in das Training investiert. Da stellt man sich schon die Frage, ob das alles umsonst gewesen war?! Doch ich habe versucht, mich an die schönen Momente im Training zu erinnern und die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe. In den Bergen zu laufen war eine ganz neue Erfahrung und hat mir so viel Spaß und Kraft gegeben, nein das war nicht umsonst. Diese Erlebnisse zeigen mir auch heute noch, dass es alles andere als umsonst gewesen war. Es ist ok, enttäuscht zu sein, und es war für mich auch wichtig, das Geschehene zu reflektieren, aber ich darf nicht zu lange darüber grübeln und nachdenken, sondern muss nach vorne schauen. Jede Erfahrung ist für etwas gut und bringt einen persönlich weiter. Man darf aber nicht vergessen, wieder nach vorne zu schauen, sich neue Ziele zu suchen und gedanklich einen Strich zu ziehen.
12.) Was würdest du ambitionierten Athleten als Gedankenanregungen für ihr Training/Wettkämpfe mitgeben?
Wettkämpfe sind wichtig, gerade im Leistungssport. Man darf ihnen aber auch nicht zu viel beimessen. Sie zeigen auf was wir in der vergangenen Zeit im Training geleistet haben. Man muss aber auch sehen, dass an einem solchen Wettkampftag einfach alles passen muss. Wie oft passiert es im Alltag dass wir einfach einen schlechten Tag haben, mit dem falschen Fuß aufgestanden? Auch so etwas kann bei einem Wettkampftag passieren, man kann eben nun nicht alles planen. Das muss nicht mal eine Krankheit sein, an manchen Tagen läuft es eben nicht und man kann die Trainingsleistung im Wettkampf nicht zeigen. Klar ist das enttäuschend, man sollte dem aber nicht zu viel beimessen. Wir machen den Sport doch weil es uns Spaß macht und ein großteil der Zeit die wir mit dem Sport verbringen, verbringen wir im Training und nur ein geringer Teil im Wettkampf. Im Training sehen wir unsere Fortschritte und kämpfen uns durch Motivationstiefs und nach jedem Training fühlen wir uns besser und sind glücklich und stolz. Diese Glücksmomente sollte man sich vor Augen führen, wenn der Wettkampf mal nicht so läuft. Der Wettkampf ist das Ergebnis einer gewissen Trainingsphase und das Ziel unseres Trainings. Doch bei aller Zielorientierung sollte man den Weg nicht aus dem Blick verlieren und die Zeit beim Sport bewusster genießen, dann fällt es einem auch leichter mit einem unzufriedenen Wettkampfergebnis umzugehen. Wenn man beim Training spaß hat, ist es schon die halbe Miete. Mir ist dies insbesondere bewusst geworden, da ich jetzt viel weniger Zeit zur verfügung habe als ich beispielsweise noch studiert habe.
Vielen herzlichen Dank, liebe Judith und weiterhin ganz viel Erfolg und Freude auf Deinem Weg!