Wie Gefühle im Sport deine Leistung beeinflussen

Was für eine unglaublich spannende und dramatische Hawaii-Nacht 2017! Drei deutsche Topathleten, drei komplett verschiedene Gefühlslagen: Patrick Lange reißt die Arme hoch in den Himmel, in seinem Gesicht das vollkommene Glück, Sebi Kienle schleicht mit hängendem Kopf und gesenkten Schultern über die Ziellinie…. und Jan Frodeno ist zu der Zeit noch draussen auf der Strecke, scherzt mit Helfern, winkt und feuert Patrick auf der Laufstrecke an, auch wenn er sich innerlich ganz bestimmt elend und mies fühlt. Beeindruckende Bilder von einem spannenden Rennen, die uns sicher noch eine ganze Weile im Kopf bleiben! Und weil Triathlon so oft mit sehr starken Gefühlen verbunden ist, wollte ich mehr über das Thema erfahren: wie entstehen Gefühle und kann ich sie steuern bzw. beeinflussen? Davon handelt mein heutiger Blogbeitrag: «Wie Gefühle im Sport deine Leistung beeinflussen «…viel Spaß beim Lesen!

 

Wer es bisher noch nicht genossen hat, hier nochmal das emotionale Zielinterview von Patrick!

 

 

Ready to race in Kona….

Wie entstehen Gefühle?

Sie begleiten uns den ganzen Tag, lenken unser Tun und bestimmen unsere Entscheidungen, mal sind sie deutlich wahrnehmbar und oft genug aber auch eher diffus. Ich habe mich gefragt, ob Gefühle quasi von alleine in uns drinnen entstehen, oder ob sie eine Reaktion auf etwas von außen sind. Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. In einer Beschreibung des Sportpsychologen Sigurd Baumann haben unsere Gefühle vier verschiedene Ursachen:

  1. Als Reaktion auf äußere Wahrnehmungen: wir sehen, hören, riechen, spüren oder schmecken etwas.
  2. Eine Vorstellung als Auslöser: ich stelle mir vor, wie schön es wäre, wenn….
  3. Unser Gedächtnis wird aktiviert: ich erinnere mich an bereits Erlebtes und die damit verbundenen Gefühle tauchen wieder auf.
  4. Körperempfinden: ich fühle mich gestresst – mein Magen fühlt sich flau an….

 

Das Faszinierende dabei ist, dass unser Gehirn nicht unterscheidet zwischen Realität und Vorstellung. Ein selbst erlebter Unfall beim Radfahren kann das gleiche Gefühl von Angst auslösen wie ein _nur_ als Zuschauer erlebter Unfall. Denn unsere Gefühle sind ganz stark an die auslösende Situation gebunden – während die Umgebungsdetails eines Geschehens vielmals ein wenig verblassen in der Erinnerung, sind die erlebten Gefühle deutlich abrufbar. Kennt Ihr auch solche Situationen?

 

ein buntes Wirrwarr von Wahrnehmungen im Kopf

Sich bewußt werden – eine Wahrnehmungsübung 

Tagtäglich durchfluten uns unzählige Gedanken und Gefühle, unser Gehirn vollbringt Höchstleitungen, um diese zu sortieren und abzuspeichern. In meinen Lauf- und Radkursen fällt mir immer wieder auf, wie schwer es vielen Sportlern fällt, ihre Wahrnehmungen in passende Worte zu kleiden. Das kann man aber üben! Zum Beispiel jetzt in diesem Moment: wie sieht deine Umgebung aus, wie atmest du gerade, wie sitzt oder stehst du da, wie fühlt sich deine Muskulatur an, welche Gedanken gehen dir durch den Kopf….probier das an verschiedenen Orten aus!

 

 

 

Gefühle im Sport 

Übertragen auf den Sport kann eine sorgfältige Selbstbeobachtung auch negative und unerwünschte Gefühle aufdecken. Häufig ist der Auslöser jedoch nicht so ganz klar. Nur, dass es nicht so läuft, wie es laufen sollte…damit solltest du dich unbedingt ein wenig näher beschäftigen: in welcher Situation genau tritt das Unwohlsein auf? Wer ist daran beteiligt? Welche äußeren Umstände tragen dazu bei? Tritt vielleicht ein bestimmtes Gefühl in ganz bestimmten Situationen immer wieder auf?

 

Gefühle im Sport

 

Im Mentalcoaching würden wir nun daran gehen, das Entstehen dieser unguten (und oft genug dann leistungsvermindernden) Gefühle zu regulieren, um ruhiger und gelassener in Training und Wettkampf agieren zu können.

 

 

 

 

 

  1. Wieso lösen die gleichen Sinneseindrücke bei Menschen völlig unterschiedliche Gefühle und Reaktion aus? Warum freut sich so mancher auf eine rasante Serpentinen-Abfahrt in den Bergen, während ein anderer schon zittrige Knie bei nur dem Gedanken daran bekommt? Tatsächlich ist die Wahrnehmung von Umweltreizen nur der erste Schritt im Kopf, dann werden sie blitzschnell im Inneren bewertet – welche Erfahrungen habe ich in ähnlicher Situation bereits gemacht? War das gut für mich oder schlecht? Wir machen also kein objektives Foto von unserer Umgebung, sondern belegen die Wahrnehmung sofort mit einer subjektiven Bedeutung. Im Mentaltraining werden negative Erfahrungen durch positive, gelingende Erfahrungen überschrieben! 
  2. Auch Vorstellungen lassen sich beeinflussen – das «Denken in Bildern» wird als Visualisierungstechnik gerne genutzt. Einmal in der Entwicklung einer Bewegungsvorstellung, aber auch in der Entwicklung einer Zielvorstellung: wenn ich MEIN Ziel erreicht habe, werde ich mich stolz und zufrieden fühlen! Bei häufiger Wiederholung wirken sich diese Gedankenbilder sehr positiv aus: so hat mich die Vorstellung der glücklichen Überquerung der Ziellinie von Hawaii durch monatelanges, hartes Training begleitet!
  3. Erinnerungen und Vorstellungen hängen eng zusammen: Erinnerungen an Gefühle sind immer an die Situation gebunden, in der wir sie erlebt haben und auch hier gilt wie bei der Vorstellung: weg mit den negativen Erfahrungen, erinnere dich ganz bewußt immer wieder an deine beste Leistung, deine Empfindungen, Gedanken und die äußeren Bedingungen!
  4. Unser Körper signalisiert uns unmißverständlich, was er gerade braucht und empfindet, man muss nur die Wahrnehmung schulen. Mit dem sogenannten Embodiment ist in zahlreichen psychologischen Versuchen belegt worden, dass nicht nur Gefühle und Gedanken die Körperhaltung beeinflussen, sondern umgekehrt auch die Körperhaltung unsere Gefühle! Wer aktiv eine selbstbewußte Haltung einnimmt, tief durchatmet und entschlossen nach vorne schaut, läßt sorgenvollen und ängstlichen Gedanken keinen Raum!

 

Mit diesen Handwerkszeugen lassen sich viele Konflikte und Blockaden lösen, die im Sport auftreten – und ich begleite meine Athleten auf diesem spannenden Weg.

 

 

Diese Thematik interessiert dich ganz besonders? Dann freue ich mich auf eine Nachricht!

 

 

 

Quellen:

Psychologie im Sport, Sigurd Baumann, Meyer & Meyer Verlag, 2015, S. 252ff

Embodiment, Maja Storch, HUBER Verlag, 2011, S. 44ff

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner